Valentine Green(1739 Salford - 1813 London). Schabkunstblatt nach einem Selbstporträt der Malerin Maria Cosway. 46,8 x 34,2 (Plattenmaß), 53,6 x 40,6 (Rahmen), in der Platte signiert und datiert „Engraved by V. Green [...] Sept. 1st 1787“. Um 1900 entstandene Heliogravüre des Originalblattes. Whitman 130, Chaloner Smith 29, Russell 29. Hinter Glas im Mahagonirahmen mit aufgesetzten, ebonisierten Ecken.
zum Werk
Das Charakteristikum und der Reiz der Schabkunst besteht darin, dass das Licht mit einem Schabeisen in den zuvor aufgerauten tief schwarzen Grund eingearbeitet wird. Das Dargestellte wird gleichsam ans Licht gebracht, während die dunkle Tonalität ein bestimmendes Moment des Bildes bleibt. Dieser spezifische Bezug zwischen Hell und Dunkel ist hier zusätzlich auf der Ebene der Farbe gegeben: Das lichtvolle Blau des Gewandes und der voluminösen turbanartigen Kopfbedeckung findet im beinahe bedrohlich wirkenden Gelb des Himmels seine Komplementärfarbe, wobei das Gelb auch in der Haarpracht und nicht zuletzt im Kreuz des Halsbandes der Porträtierten präsent ist. Die dadurch gleichermaßen in sich austarierte wie gesteigerte Hell-Dunkel-Dramaturgie kulminiert im Antlitz Maria Cosways, die den Betrachter auf eine äußerst selbstbewusste, beinahe musternd-kecke und doch offene Weise mit verschränkten Armen anblickt.
zum Künstler
Valentine Green, Sohn eines Tanzmeisters, war von 1760 bis 1765 Lehrling bei Robert Hancock in Worcester, der Entwürfe und Stiche für die Worcester Porzellan-Manufaktur anfertigte. 1764 erschien das von Green verfasste Buch A Survey of the City of Worcester
mit 16 Grafiken von Hancock nach Vorlagen Greens. 1765 ging Green nach London und fertigte dort Stiche für den Maler Nathan Drake und die Graphikhändler Ryland & Bryer an. 1767 wird Green Mitglied der Incorporated Society of Artists
und 1771 ihr Direktor.
Zwischen 1768 und 1772 schuf Green Schabkunstblätter, die zumeist von dem Kupferstecher John Boydell verlegt wurden. Darunter die kongeniale Umsetzung des aufgrund der Zwielicht-Atmosphäre anspruchsvollen Bildes A Philosopher showing an Experiment on the Air Pump
von Joseph Wright of Derby, Theaterszenen nach Thomas Gainsborough und Porträts nach George Romney.
Die Qualität seiner Schabkunstblätter wirkte derart beeindruckend, dass Green in königlichem Auftrag Mezzotinten nach zwei Gemälden Benjamins Wests anfertigte, was 1773 zu seiner Berufung zum „Mezzotint Engraver to the King“ durch George III. führte. 1774 trat Green als Associate Engraver in die Royal Academy ein und wurde zu Wests bevorzugtem Stecher. Er setzte insgesamt nahezu 40 seiner Gemälden druckgrafisch um. Ab 1770 begann Green selbst verlegerisch tätig zu werden und bildete in seiner Werkstatt die zweite Generation der Mezzotinto-Künstler aus, darunter John Dean, James Walker und John Young. Green agierte zusehends international. Auf einer Reise nach Flandern, Holland und in das Rheinland wurde er von Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz, dessen Porträt von Pompeo Batoni er schabte, zum Hofstecher in Mannheim und Professor der Düsseldorfer Kunstakademie ernannt. Die Werke Green wurden zunehmend auch für den Export angefertigt. Es entstanden 23 Blätter nach Bildern von Josuah Reynolds und sieben nach Gemälden Maria Cosways. Aufträge von hoher Reputation waren die Porträts der Frau Georges III., Queen Charlotte, sowie aller königlichen Kinder. Unter seiner Leitung entstand das von Queen Charlotte patronierte Werk A History of the Queens of England.
1782 reiste Green nach Paris und veröffentlichte im Anschluss seine polemisch-kunsttheoretische Schrift A Review of the Polite Arts in France [...] compared with the Present State in England. Green erhielt das Privileg für die Reproduktion und die Verbreitung aller Bilder der Düsseldorfer Galerie. Mit der französischen Bombardierung Düsseldorfs 1794 wurden Greenes Atelierräume jedoch schwer beschädigt, so dass das von hohen Investitionen getragene Projekt eines Galeriewerkes scheiterte und Green schließlich 1798 in Konkurs gehen musste, was die Zwangsversteuerung seines Besitzes zur Folge hatte. Mit der Gründung der British Institution for Promoting the Fine Arts in The United Kingdom
wurde Green als Keeper dieser Gesellschaft angestellt und bezog von 1805 bis an sein Lebensende 1813 ein schmales Gehalt.
Auswahlbibliographie
V[alentine] und R[upert] Green: A descriptive catalogue of pictures from the Dusseldorf Gallery, London 1793.
John Chaloner Smith: Mezzotinto portraits from the introduction of the art to the early part of the present century, 4 Bd., London 1883.
Charles E. Russell: English Mezzotint Portraits and their states. Catalogue of Corrections of and Additions to Chaloner Smith's "British Mezzotinto Portraits", 2 Bd., London - New York 1926.
Alfred Whitman: Valentine Green, London 1902.
Johann Schlick (Hrsg.): Englische Schabkunstblätter aus dem Besitz der Kunsthalle zu Kiel, Kiel 1979.
David Alexander; Richard T. Godfrey: Painters and engraving. The reproductive print from Hogarth to Wilkie, New Haven 1980.
Tomothy Clayton: The English print 1688 - 1802, New Haven 1997.
Anne-Katrin Sors (Hrsg.): Die Englische Manier. Mezzotinto als Medium druckgrafischer Reproduktion und Innovation, Göttingen 2014.