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Gräßel, Franz (1861-1948), Sitzender Junge

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Franz Xaver Gräßel[Grässel] (1861 Oberasbach/Baden - 1948 Emmering). Sitzender Junge. Bleistiftzeichnung, weiß gehöht, auf hellgrauem Büttenpapier, 38 x 40 cm (Darstellung), 51 x 47,4 cm (Blattgröße), Signaturstempel.

- etwas knitterspurig und fleckig im breiten Rand



zum Werk

Das Bild zeigt einen sitzenden Jungen mit hochgekrempelter Hose und aufgeknöpfter Jacke, der versonnen seinen Kopf in die Hand gestützt hat, während der andere Arm erhoben ist. Dass die im Vergleich mit der Gestik des Aufstützens unkonventionelle Armhaltung eine künstlerische Herausforderung bedeutete, bezeugt die Handstudie am linken Rand, die zugleich vor Augen führt, dass es Gräßel gerade um die Präzisierung dieser Handhaltung ging. Insofern das Heben des Arms dem sinnenden Dasitzen widerspricht, wird eine Spannung erzeugt, durch welche die innere Gestimmtheit des dargestellten Jungen nach außen getragen wird, obwohl er sich doch gerade durch die gehobene Hand dem Betrachter zu entziehen sucht. Eine Haltung, die keineswegs kindlich wirkt, weshalb sie - gerade weil es sich um ein Kind handelt - eine melancholische Tiefe gewinnt. Es handelt sich folglich nicht um eine akademische Ausdrucksstudie, sondern um die Charakterisierung einer Seelenstimmung, die dem Betrachter zum Reflexionsgegenstand wird.
Dieses Werk belegt, dass Gräßel auch ein Meister der Figurenmalerei war, der die hinter der Oberfläche des Alltags verborgene Tiefe zu erschließen vermag. Seine künstlerische Virtuosität zeigt sich dabei beispielsweise in den wie zufällig wirkenden Schraffuren der Jacke und Hose, die den Eindruck haptischer Materialität hervorrufen, während die Weißhöhungen das Inkarnat der zarten Beine evoziert.



zum Künstler

Franz Gräßel wuchs in einem Umfeld auf, aus dem sich seine späteren Schlüsselmotive speisen sollten: Das Haus seiner Eltern war ein Mühlbetrieb. Nachdem Gräßel von 1878 bis 1884 die Kunstakademie in Karlsruhe besucht und unter Carl Hoff bis zur Meisterabteilung studiert hatte, setzte er seine Ausbildung von 1886 bis 1890 an der Münchner Akademie als Schüler von Wilhelm von Lindenschmidt fort. Vor allem in der Genre- und Porträtmalerei geschult, porträtierte er zunächst das Leben der Schwarzwaldbauern. Ab 1894 wandte er sich dann verstärkt der Tiermalerei zu, wobei er sich vor allem auf die Darstellung von Enten und Gänsen kaprizierte, was ihm den Beinamen "Enten-Gräßel" eintrug. Damit bildet Gräßels Werk eine Parallele zum Oeuvre Alexander Koesters (1864-1932), der seinerseits als "Enten-Koester" bezeichnet worden ist. Koester hatte im Jahr nach Gräßels Weggang von Karlsruhe, ebenfalls bei Carl Hoff, ein Kunststudium aufgenommen und ist, wie Gräßel, später nach München gegangen. Ebenso wie Koester malte Gräßel neben den Tierdarstellungen aber auch weiterhin Porträt- und Landschaftsbilder.
1900 kehrte Gräßel der Großstadt den Rücken und zog von München nach Emmering bei Fürstenfeldbruck, wo sich in der Nachfolge Gräßels etliche Künstler ansiedelten, die als „Brucker Maler“ bekannt wurden. Aufgrund seines überregionalen, ja internationalen Erfolges wurde Gräßel 1911 von Prinzregent Luitpold zum königlichen Akademie-Professor an der Akademie der Bildenden Künste München ernannt. 1914 wurde im Brucker Rathaus die erste Ausstellung einheimischer Künstler gezeigt und 1924 schließlich die Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck gegründet, dessen Ehrenvorsitzender Gräßel war.
Gräßel beschickte regelmäßig die Jahresausstellungen im Münchner Glaspalast, bei denen er häufig auch als Juror fungierte. Franz Hanfstaengels "Kunst unserer Zeit" und die "Jugend" veröffentlichten laufend Reproduktionen von Gräßels Gemälden. Zu seinen prominentesten Sammlern gehörten der Prinzregent Luitpod von Bayern, Kaiser Wilhelm II. und der Kedive von Ägypten, Said Halim Pascha.
Gräßel war Mitglied in der Münchner Künstlergenossenschaft, im Künstlerbund Isar, im Verein Münchner Aquarellisten und im Kunstverein München. Er wurde mit zahlreichen Preisen geehrt: 1888 erhielt er die II. Medaille der Akademie für sein Gemälde "Bei der Arbeit", das seine drei Schwester in der Tracht von Schwarzwaldbäuerinnen zeigt; 1897, anlässlich der Internationalen Kunstausstellung München, die 2. und 1909 die 1. Goldene Medaille. 1903 wurde Gräßel mit der Silberne Staatsmedaille Salzburg und 1910 mit der Silbernen Medaille der Internationale Kunstausstellung Buenos-Aires ausgezeichnet.



Auswahl öffentlicher Sammlungen, die Werke von Franz Gräßel besitzen:

Alte Nationalgalerie Berlin , Art Gallery Glaskow , Augustiner-Museum Freiburg i. Br. , Neue Pinakothek München , Städtische Galerie München.



Auswahlbibliographie

Karl Trautmann: Professor Franz Gräßel (genannt "Enten-Gräßel") zum Gedenken. In: Amperland 10 (1974), S. 531-563.

Heidi C. Ebertshäuser: Malerei im 19. Jahrhundert. Münchner Schule. Gesamtdarstellung und Künsterlexikon, München 1979.

Horst Ludwig: Münchner Maler im 19. Jahrhundert. Bd. 2: Gebhardt - Küstner, München 1982.

Walter G. Well: Maler im Fürstenfeldbrucker Land. Ein Erinnerungsbuch, München 1988.

Hans H. Hofstätter (Hg.): Kunst und Künstler in Baden, Stuttgart 1995.

Dirk Hoogen (Hg.): Maler in Bruck. Ein Katalog zur Sammlung der Sparkasse Fürstenfeldbruck anläßlich der Ausstellung zum 50. Todestag von Franz Gräßel, Fürstenfeldbruck 1998.

Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek (Hg.): Deutsche Künstler von Marées bis Slevogt, Bd. 1, München 2003.

Margret Zimmermann (Hg.).: Gemälde des 19.und 20. Jahrhunderts - Augustiner Museum Freiburg, Freiburg im Breisgau 2004.


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